Donnerstag, 15. Oktober 2009

Sehnsucht im Herbst

Nun hat der Herbst Einzug in Deutschland gehalten und zeigt sich weder Golden noch hat er all die anderen Merkmale, welche in der Lyrik so oft gepriesen werden. Vielmehr ist er ein Vorbote auf die bevorstehenden Monate: nass, trüb, windig, einfach nur ungemütlich. Da möchte man sich am liebsten ins Bett verkriechen und erst herauskommen wenn die Frühlingssonne einen an der Nasenspitze kitzelt.
Wie schnell doch das Gewesene vergänglich wird und uns wieder einmal bewusst macht wie rasant die Zeit vergeht, das Jahr ist fast vorbei und auch wenn es noch zu früh für ein Resümee ist, so schweife ich jetzt schon gedanklich zurück in jene Tage, wo wir auf der Wiese lagen, das satte Grün bestaunten und unsere Körper in Sonnenlicht badeten.
Andere mögen sich auf die kommende Zeit freuen, schließlich hat doch der Winter seine schönen Seiten, man kuschelt sich ins Wohnzimmer, der Duft von Kerzen und Gebackenen durchzieht den Raum und man rückt näher zusammen. Einige erfreuen sich auch an der Weihnachtszeit, obwohl Lebkuchen schon jetzt zu kaufen sind und spätestens in einem Monat uns Weihnachtsmusik in sämtlichen Kaufhäusern die Stimmung verdirbt. Ich mag diese Zeit nicht! Man steht im Dunkeln auf, kehrt im Dunkeln heim und obwohl die Tage kürzer sind, haben sie dennoch 24 Stunden. Habe schon ausgerechnet, dass mein „Sonnenakku“ spätestens im Januar verbraucht ist und ab da an meine Stimmung permanent sinkt.

Befinde mich momentan sowieso in einem Schwebezustand. Der Geist ist in weite Ferne gerückt, entflieht der monotonen Realität. Es geht nur noch ums funktionieren weniger ums Leben. Als ob mir in jenen Tagen alles Menschliche abhanden gekommen ist, bleibt versteckt in den in den letzten Windungen meiner Seele, bleibt zu Hause. Zu schwer ist die Last, denn nähme ich sie mit würde ich zusammenbrechen unter dem Gewicht welches wie Blei auf mir liegt, mich zerquetscht, in Bewegungslosigkeit versetzt. Nicht ich halte die Welt an die Welt hält mich an und erneut drängt sich mir die Frage auf, ob es anderen auch so geht oder alle zu Maschinen transformiert sind. Gehe ich mit offenen Augen durch die Straßen, so sehe ich tote Gesichter, das Leben ist fortgespült, hat sie alle mitgenommen. Ist es Resignation? Haben sich die Menschen damit abgefunden, wie ein Tier in Gefangenschaft, jeden Tag der gleiche Mist, der ewig gleichförmige Ablauf oder wollen sie das so, aus Bequemlichkeit? Nicht nachdenken zu müssen, was alles schief läuft in dieser Welt.
Da ist keine Sehnsucht mehr in ihren Blicken. Vielleicht verschließen sie sich nur, vor der ihnen feindlich gesinnten Umwelt. Da würde ich wirklich gerne Gedanken lesen können, um herauszufinden, ob ich alleine mir Gedanken über diese Welt mache oder ob die verschlossenen Minen nur Fassade sind um nicht aufzufallen.
Selbst das Lachen scheint aufgesetzt oder zynisch, so als ob erwartet wird, dass man in der einen oder anderen Situation lacht. So werde nun auch ich in den kommenden Stunden das Restmensch wie eine Haut abstreifen und auf Small Talk programmiert auf Arbeit gehen.

Fire burns but then they slowly die
in our room in our room
where I can see
the silence in you eyes
(Deine Lakeien: Silence in your eyes)

1 Kommentar:

  1. Liebste, liebste Freundin Katja♥
    Wenn ich Dich so lese, komme ich mit Dir ins Grübeln. Du schreibst so fesselnd und inhaltsreich.
    Nicht nur in Deutschland, auch in den westlichen Nachbarländern hat der Herbst Einzug gehalten. Genauso wie Du halte ich nicht viel vom Winter, wo in der kalten dunkelsten Jahreszeit die meisten Leute die traditionell und vor allem kommerziell vorgeschriebenen Feiern begehen. Der Sommer scheint mir, glaube daß es alterbedingt ist, immer so endlos vor, und halb September frage ich mich, kommt der Herbst? Kann ich schon etwas davon merken? Ich merke es wenn die Frauen und Mädchen wieder anders angezogen gehen. Im Sommer sieht man hier (leider für mich) nur wenige Frauen mit Strumpfhosen ;)
    Eigentlich freue ich mich am meisten auf Herbst und Frühling. Frühling, das ist einfach: man ist endlich der Winter los, der Sommer kommt. Im Herbst sehe ich ja gerade die Farbenpracht wie in der Lyrik, die dir nicht so auffällt. Ich mag am Herbst auch den Nebel, aber den hatten wir noch nicht. Diese Woche hat es angefangen nachts kühl zu werden. Herbstliche Spaziergänge sind mein Fall. Es ist nicht so warm, man freut sich aber aufrichtig auf einen sonnigen Tag. Mit meine edle und traute ♥♥Enissa♥♥ spaziere ich das ganze Jahr über Feld und Flur, oftmals Hand in Hand und auch umschlungen. Wenn wir dann zurück in der Wohnung sind machen wir uns es behaglich. Ich finde – gefühlsmäβig – daß es im Frühling und Herbst am besten gelingt.
    Wie richtig Du es beklagst, hier ist es ähnlich: in zwei drei Wochen herum bietet Aldi, und andere Kaufhallen auch hier (also außerhalb Deutschland) schon die ersten Lebkuchen und Stollen an. Zuvor ist aber Halloween an der Reihe und von Ende Oktober an wird Kommerz gemacht mit dem Nikolaus, der hier am 6. Dezember „kommt“. Das Weihnachtszeug kommt schon spätestens halb November. Da haben unsere melancholische Weihnachtsmärkte und silberne und goldene Sonntagen in der DDR, wo man froh war etwas ‚außergewöhnliches’ erwerben zu können, doch etwas anderes. Wenn ich dich so lese, bin ich ganz froh daß ich vor 25 Jahre meinen damaligen Mann hierher gefolgt bin. Doofe Leute gibt es überall (unvermeidlich), aber soviel weiß ich sicher: es ist hier in Flandern viel lockerer und das genieße ich jeden Tag.
    So wie Du immer mit ein paar – geschmacksvolle – englische Zeilen endigst, weißt Du womit ich einen Brief an Dich endige: Liebevoll knutschen und Küssen ohne Ende schick’ ich Dir (meine Liebesküssen sind lang und naß), meine liebste Katja♥, und jeweils frage ich Dir auch sehnsüchtig „Schreibst DU mir auch mal?“
    Es grüβt ganz lieb
    Deine Nadja
    ♀♀

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