Ich lese zurzeit das Buch: "Kain wo ist Dein Bruder? Was der Mensch im Zweiten Weltkrieg erleben musste – dokumentiert in Tagebüchern und Briefen.“ Hg von Hans Dollinger. Und genau jenes Buch ist es, was mich in diesen Gemütszustand versetzt. Bei dem schönen Wetter wäre es wohl das Klügste, es beiseite zu legen und ruhen zu lassen, doch jeder der gerne liest, wird wissen wie es ist, wenn ein innerer Zwang einen immer wieder animiert weiter zu lesen. Es gibt ja nun mehr als genug über den Zweiten WK zu lesen und ich hatte das Gefühl der Markt sei übersättigt. Es gibt kaum einen Tag in dem nicht auf einen TV Sender etwas über den Krieg kommt und lange Zeit ging mir das auf die Nerven. Ich hatte das Gefühl, je mehr darüber berichtet wurde umso mehr war das Geschehne weniger grausam, weniger unfassbar. So mal die Berichterstattung sich stets wiederholte: Judenvernichtung und Bombennächte.
Dieses Buch jedoch berichtet von allen Seiten, der einfache Frontsoldat, die Hausfrau, der Gefangene, … . Es sind Alltagserfahrungen, die mehr über die Zeit berichten als bloße Chronologien. Alle Seiten kommen zu Wort. Und ich rase durch das Buch lese und lese, sauge alles unreflektiert auf und ahne, dass dies mein Problem ist. Ich muss mich damit genauer auseinandersetzen, das Gelesene verarbeiten. Vielleicht ist dies hier ein Anfang.
Bin immer wieder erstaunt, was die menschliche Seele aushält oder der Körper, denn ein Teil seiner selbst hat wohl jeder im Krieg zurück gelassen.
Kriege sind für mich sowieso unverständlich, ich sehe zwar unter bestimmten Aspekten eine gewisse Notwendigkeit zu intervenieren, doch wie man andere töten kann oder wie man plötzlich einen Hass auf bestimmte Völker, Personen anderer Religion oder „Rassen“ entwickeln kann, werde ich nie begreifen. Wenn ich mir die Geschehnisse im Kongo, in Ruanda, Israel oder Nordirland anschaue habe ich nur Fragezeichen im Kopf. Sicherlich, im Nordirland geht es primär um die Unabhängigkeit vom Empire, doch wie so oft wird die Religion als Erklärung für den Hass missbraucht. Die glauben an denselben Gott, haben dasselbe Buch als Grundlage, ok die Katholiken müssen noch etwas mehr lesen wegen der Schöpfung und so, doch letztendlich, und das ist jetzt nicht beleidigend gemeint, ist es doch der gleiche Scheiß. Und dafür hauen die sich die Köpfe ein? Oder der Krieg im ehemaligen Jugoslawien: Gestern noch sind sie die besten Freunde, die Nachbarn die einem Mehl leihen, der nette Arbeitskollege und plötzlich von gleich auf jetzt jage ich ihm eine Kugel in den Kopf, weil er Muslime, Christ oder was sonst noch ist?
Ich bin der Ansicht, dass die Tötung eines Menschen leicht von der Hand geht, doch wie kann man mit der Schuld leben? Wie verarbeitet man das Grauen, das Elend….stumpft man letztendlich nicht nur ab und ist unfähig Gefühle hervorzubringen? Als eine Art Selbstschutz der Seele, damit das Erlebte nicht so präsent ist? Das sind so viele Fragen auf die ich wohl nie eine befriedigende Antwort erhalten werde.
Ich weiß nur eins, sollte ich in das Pech haben einen Krieg mitzuerleben ist wohl Selbsttötung die beste Maßnahme.
i wanted to fight so i went to war
i thought it was right
to fight for my country
but then i saw the torture
i saw the misery the pain and the dead
and i was wounded now i'm paralyzed
all this has changed my point of view
i shot enemies now i know they are humans
i shot civilists now i know i'm a murderer
i had time to think now i want to tell
those young men who want to be soldiers
who want to fight in a war for their country
that i've seen it that i'm a victim of war
and that i don't want them to do
the same mistake
every time i close my eyes
i can hear the screams
i can see the dead and the fire
i don't want them to see the things i saw
i want to tell them they needn't to be
soldiers to be men
and i've learned that love and forgiveness
is better than hate and war
but now those people who sent me
to their war forbid me to speak
about the love about the pleasure
about the youth i've lost
(Project Pitchfork: Vietnam)
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Meine liebe Freundin Katja♥,
AntwortenLöschenSehr interessanter Beitrag. In meinem Blog wovon die Prima Donna eine Widerstandskämpferin ist, muβt du dich wirklich heimisch fühlen. Das Anliegen meines Blogs ist ja auch – auf Deutsch übersetzt – „zukunfsgerichte Erinnerungen für eine humanere Welt“.
Ein groβer Teil meines Bücherschrankes hat mit den Zweiten Weltkrieg, seine Vorbereitung und Folgen zu tun.
Wir wurden ja auch so erzogen, nicht zu einem machtlosen Pazifismus, aber zum aktiven Kampf für den Frieden und antiimperialistische Solidarität. Das Thema ist fast unerschöpflich.
Mir geht es wie wir dir, ich lese oft lieber Eindrucke (wenn diese auch oft ungenau, gefühlsmäβig, eingefarbt sind) Sammlungen persönliche Zeugnisse von Beteiligten, als trockene Chronologien. Aber man muβ es auch in den groβen Zusammhänge einordnen können, dazu gehören die Zeitdokumente.
Interessant sind die Erinnerungen von solchen wie diese von den Belgiendeutschen (Eupen und Malmedy) Elsasser und Lothringer die „Heim ins Reich“ geholt wurden, nachdem sie schon als Staatsbürger des jeweiligen Staates mobilisiert gewesen waren, nun zwangsweise zum Barass muβten in die nazistischen Wehrmacht, der Sowjetunion und andere Länder mir überfallen, nachdem oft langjährige Gefangenschaft (auch eine relativ milde Gefangenschaft in den Vereinigten Staaten) und dann oft noch Schwierigkeiten mit der eigenen Behörde bekamen wenn sie endlich ins Zivilleben entlassen wurden. Ich habe da zwei interessante Sammelbände wovon die Titel programmatisch sind: Heinrich TOUSSAINT „Verlorene Jahre – Schicksale einer Kriegsgeneration im Grenzland (Grenz-Echo Verlag 1980) und Band II „Bittere Erfahrungen“ daselbst 1987.
Über unsere belgische Widerstandskämpferin Marguerite BERVOETS muβ ich (aber es wird wohl erst nach den Osternferien sein) unbedingt mal etwas auf Deutsch verfassen. Sie wurde, kaum dreiβig Jahre alt geworden, nach einer langen Inhaftierungszeit, in Wolfenbüttel enthauptet.
Ein Thema das speziell für die Soziologin interessant sein dürfte: Was machen den Kriegen aus den Frauen? Schon nur am eigenen deutschen Erleben illustriert!
Liebe Katja♥, wenn du mal Zeit und Lust hast, sollst du ruhig mal fragen stellen über meinem Blog, dessen Inhalt. Nicht alles auf einnmal, jedoch besonders DEINE Eindrucke und Fragen werden mir sehr willkommen sein. Weiβt du, auch bei mir sind Kommentare willkommen :)
Und ich will von dir noch viel mehr erfahren, nicht umsonst bin ich treue Folgerin deines Blogges.
Auch das liegt mir am Herzen: ich habe dir schon ein paar Mal bei mir in meinem Blog geehrt mit Widmungen und sogar musikalische Grüssen. Hast du es überhaupt gemerkt? Nicht daβ du mir eine trockene Soziologin wirst. Ich suche wirklich deine Freundin zu sein, dazu gehören Gefühlsäuβerungen. Ich hoffe bald mal persönlich an mich gerichtete Zeilen von dir lesen zu dürfen.
Ich schicke dir heute einen musikalischen Gruβ der zum Thema paβt: Ilse Werner „Wir machen Musik“, ein biβchen kess für jene Zeiten, die“Moral“ muβte ja zum Durchhalten bis zum „Endsieg“ hochgehalten werden, oder war es doch mehr ablenken von der wirklichen Lage? Bei den zynischen Nazis wird es wohl beides gleichzeitig gewesen sein.
http://www.youtube.com/watch?v=SjA9EhSsZJo&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=DhmlaMymuWI&feature=related
Es grüβt ganz lieb, xxx
deine Freundin Nadja